Moro-Reflex

Der Moro-Reflex ist nach dem deutschen Kinderarzt Ernst Moro benannt und gilt als frühester primitiver Reflex. Er entsteht im ersten Schwangerschaftsdrittel und trägt zur Entwicklung des kindlichen Atemmechanismus bei. Erblickt ein Säugling das Licht der Welt, ermöglicht er mit dem ersten Schrei den ersten Atemzug und öffnet dadurch die Luftwege.

Wird der Moro-Reflex ausgelöst (z.B. durch einen plötzlichen Reiz, durch den das Kind erschrickt), werden die Arme und Beine geöffnet und der Säugling atmet gleichzeitig ein. Nach kurzem Innehalten werden die Arme und Beine wieder an den Körper herangeführt – ähnlich einer Umklammerung. Gleichzeitig erfolgt die Ausatmung, begleitet durch einen Schrei.

Zwischen dem 2. und 4. Lebensmonat sollte der Moro-Reflex gehemmt werden und in den erwachsenen Schreckreflex übergehen. Ist dies nicht der Fall und der Moro-Reflex bleibt weiter aktiv, hat dies für Kinder häufig eine Reihe unangenehmer Folgen:

Wahrnehmungsprobleme

• Ausgeprägte Ängstlichkeit, Klammern
• Überempfindlichkeit auf Geräusche (durch Geräuschpegel im Klassenzimmer unaufmerksam und unruhig)
• Lichtempfindlichkeit (z.B. Augen blinzeln, Augen reiben)
• Hohe Sensibilität
• Schnelle Ermüdung der Augen (z.B. Lesen ist anstrengend, Buchstaben tanzen)
• Konzentrationsprobleme und schnelle Ermüdung
• Koordinationsstörungen
• Gleichgewichtsprobleme
• Innere Unruhe, Rückzug, Isolation
• Hoher Eigendruck, perfektionistisch veranlagt
• Diskutiert alles, lässt kein Nein zu

Ein ausgeprägter unausgereifter Moro-Reflex ähnelt auch oft den Verhaltensweisen eines ADS– oder ADHS-Kindes.

Asymmetrisch-Tonischer Nackenreflex (ATNR)

Der ATNR entsteht wie der Moro-Reflex im ersten Schwangerschaftsdrittel. Er unterstützt den Muskelaufbau, regt das Gleichgewichtsorgan an und ermöglicht es dem Baby, den Geburtsprozess aktiv mit zu unterstützen.

Dreht das Baby den Kopf zur Seite, so strecken sich Arme und Beine zu dieser Seite aus. Wird der Kopf abgewendet, so erfolgt eine Beugung der Gliedmaßen.

Der ATNR sollte bis zum 9. Lebensmonat integriert werden. Erfolgt keine vollständige Hemmung, so wird die normgerechte motorische Entwicklung behindert. Dies äußert sich folgendermaßen:

Störungen der Auge-Hand-Koordination (z.B. viele Fehler beim Abschreiben von der Tafel)

• Koordinationsstörungen, hauptsächlich beim Überkreuzen der Körpermittelachse
• Linien im Heft können nicht eingehalten werden
• Auffällige Stifthaltung
• Ganze Zeilen im Heft von links nach rechts werden nur schwer gefüllt
• Beim Lesen wird in der Zeile verrutscht
• Zahlen und Buchstabendreher (b-d, p-q, 32-23)
• Schnelle Ermüdung beim Lesen, langsames Lesen
• Schriftbild ist unregelmäßig und krakelig
• Schwimmen , Fahrradfahren werden nur schwer erlernt
• Entwicklung einer Skoliose aufgrund der Kompensationsmechanismen

Symmetrisch-Tonischer Nackenreflex (STNR)

Der STNR entwickelt sich im sechsten bis neunten Lebensmonat und wird etwa drei Monate später wieder gehemmt. Durch eine Beugung des Kopfes nach vorn und hinten wird eine Bewegung der Arme und Beine ausgelöst. Wird der Kopf zur Brust gebeugt, führt dies zu einer symmetrischen Beugung der Arme und zur gleichzeitigen Streckung der Beine und umgekehrt.

Wird der STNR nicht gehemmt, verhindert dies unter anderem das Krabbeln des Kleinkinds. Es wird durch andere Fortbewegungsarten ersetzt, z.B. auf dem Po rutschend, rollend, sehr frühes Aufstehen und Laufen.

Ein persistierender STNR macht sich folgendermaßen bemerkbar:

  • Ungewöhnliche Sitzhaltungen (z.B. Lümmeln auf dem Stuhl, Beine um Stuhlbein schlingen, Sitzen auf beiden Füßen)
  • Probleme im Sportunterricht (Rolle vorwärts und rückwärts klappt nicht, Kraftdosierung beim Werfen von Bällen ist schwierig, Bälle werden zu spät oder zu früh gefangen)
  • Schlechte Auge-Hand-Koordination (z.B. Abschreiben von der Tafel ist erschwert, dadurch langsames Abschreiben)
  • Konzentriertes Arbeiten nicht möglich, wenig Ausdauer
  • Häufung von Rechtschreibfehlern
  • Probleme in der Raumwahrnehmung
  • Ungeschicklichkeit (z.B. Kind schüttet beim Einschenken daneben)

Mögliche Hinweise auf Ursachen und Symptome neurophysiologischer Entwicklungsverzögerung

In der Regel handelt es sich um mehrere Faktoren, die dazu führen, dass frühkindliche Reflexe nicht zeitgerecht in der kindlichen Entwicklung integriert bzw. gehemmt werden.

Schwangerschaft:
• Anhaltendes Schwangerschaftserbrechen
• Starker emotionaler Stress
• Drohende Fehlgeburt
• Schwerer viraler Infekt während der ersten 12 Wochen oder zwischen der 20. und 26. Schwangerschaftswoche
• Hoher Blutdruck
• Unbehandelter (Schwangerschafts-)Diabetes
• Alkohol-, Nikotin-, Drogenkonsum
• Plazenta-Insuffizienz (mögl. Folge: Kinder mit geringem Geburtsgewicht)
• Teratogenbelastung (Umweltgifte im häuslichen oder beruflichen Umfeld)
• Vermeintlich harmlose Infekte wie Grippe, Blasenentzündung, Zahnfleischentzündungen etc.

Geburt:
• Frühgeburt oder länger als 2 Wochen übertragen
• Extrem lange Geburt, aber auch Sturzgeburt
• Nabelschnurvorfall oder -umschlingung
• Plazenta prävia
• Zangen- oder Saugglockengeburt
• Kaiserschnitt
• Steißlage

Neugeborenenzeit:
• Geringes Geburtsgewicht (unter 2500 gr.)
• Sauerstoffmangel
• Intensivmedizinische Maßnahmen erforderlich
• Verlängerte Neugeborenengelbsucht
• Verformter Schädel
• Blaue Flecken
• Fütterungsprobleme während der ersten 6 Monate

Kindheit:
– Erkrankungen mit hohem Fieber (evtl. auch Fieberkrämpfe) während der ersten 18 Monate
– Verzögerungen oder Abweichungen beim Erreichen der Meilensteine der Bewegungsentwicklung (verzögertes Drehen, Auslassen der Krabbelphase etc.)
-Sprachentwicklungsverzögerung
-Häufige Hals-, Nasen- und Ohrenentzündungen
– Große Schwierigkeiten, sich selbst anziehen zu lernen
– Impfreaktionen
– Daumenlutschen über das 5. Lebensjahr hinaus
– Bettnässen über das 5. Lebensjahr hinaus
– Konzentrationsschwäche
– AD(H)S
-Legasthenie/Dyslexie (Lese-Rechtschreibschwäche)
-Dyskalkulie (Rechenschwäche)